Human Relations 4.0
Auf dem Weg zu HR 4.0 in der Luftfahrt
Für Projektmanager Jan Balcke steht fest, dass Industrie 4.0 die gesamte Luftfahrtindustrie „signifikant“ verändern wird. Industrie 4.0 habe nicht nur Auswirkungen auf Technik und Organisation, sondern vor allem auf die Mitarbeiter. „Umso wichtiger ist es, frühzeitig die Herausforderungen und Chancen für die Beschäftigten zu identifizieren und zu diskutieren.“ HR 4.0 soll die Arbeitsplätze der Zukunft in der Luftfahrt gestalten, die Beschäftigten qualifizieren und sie auf die technischen Veränderungen vorbereiten.
Airbus in Kooperation
Das alles will Airbus mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretung bewerkstelligen – und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Luftfahrt. So wird das Projekt in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christoph Igel vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) sowie mit den Kernpartnern Deutsche Akademie für Technikwissenschaften (acatech), Festo Lernzentrum, Hamburg Centre of Aviation Training plus (HCAT+), IG Metall, Nordmetall und Ruhr-Universität Bochum (RUB) verwirklicht. „HR 4.0 ist aus wissenschaftlich-technologischer Perspektive einzigartig in Deutschland und in der Luftfahrt“, sagt Igel: „Interdisziplinär, interprofessionell, international – hier entsteht eine Laborsituation in der Zusammenarbeit von Industrie, Wissenschaft und Sozialpartnern, die modellhaft sein wird.“
Industrie 4.0 löst grundlegende Veränderungen in den Beziehungen von Mensch, Organisation und Technik aus. Die Beschäftigten sind davon in besonderer Weise betroffen: Kompetenzmodelle müssen deshalb in Zeiten von Industrie 4.0 auf allen Ebenen des Unternehmens neu gedacht werden. Qualifizierung soll durch arbeitsplatzintegriertes Lernen erfolgen. Neue Arbeitsplätze müssen entwickelt und getestet werden. Die Arbeitsorganisation in Verwaltung und Produktion muss den veränderten Rahmenbedingungen von Industrie 4.0 angeglichen werden. Globaler Stimulus für Industrie 4.0 ist das Internet der Dinge, Dienste und Daten. Die Rahmenbedingungen dieses Veränderungsprozesses ergeben sich aus der Airbus-Unternehmensstrategie, aus der Mitbestimmung und aus der Governance, der Kultur und den Werten von Airbus.
Industrie 4.0 durch und für die Mitarbeiter
Die Beschäftigten spielen im Prozess der digitalen Transformation zu Industrie 4.0 die entscheidende Rolle, sie sind Change Agents, die Träger des Wandels. Die Beschreibung ihrer künftigen Aufgaben steht noch am Anfang, erste mögliche Themen sind identifiziert, erste Fragen formuliert. Viele Ansätze zur Lösungsfindung sind jedoch noch abstrakt und branchenunspezifisch. Es fehlt an konkreten Anforderungen des produzierenden Gewerbes im Allgemeinen und der Luftfahrt im Besonderen. Übergreifende Ziele des Projekts sind
- die Gründung eines institutionenübergreifenden Netzwerks interner und externer Experten zu HR und Industrie 4.0,
- der Aufbau einer Denkfabrik zur Entwicklung von HR 4.0-Konzepten sowie
- der Aufbau von Forschungs- und Lernfabriken zur Erprobung von Konzepten zur Arbeitsplatzgestaltung und Qualifikation der Mitarbeiter.
Das Thema Industrie 4.0 sei zwar in aller Munde, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Airbus, Klaus Ahlborn, aber „noch sehr abstrakt“. Was es für die Beschäftigten – vom Flugzeugkonstrukteur bis zum Monteur – konkret bedeuten wird, sei nicht abzusehen. Ahlborn geht davon aus, dass nicht nur die Qualifikationsanforderungen steigen, sondern auch die Verfügbarkeit der Beschäftigten. „Da müssen wir aufpassen, dass die Arbeitnehmerrechte nicht auf der Strecke bleiben.“ Um deutlich zu machen, wer im Vordergrund steht, hat der Gesamtbetriebsrat (GBR) die Betriebsräteversammlung 2015 zu Industrie 4.0 mit „Mensch 4.1“ überschrieben. Geschäftsführung und GBR haben im Herbst 2016 ein Eckpunktepapier paraphiert. So besteht beispielsweise Einigkeit, „dass wir mit allen Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir in diesen Prozess gehen, auch herauskommen“, sagt Ahlborn. Und: dass der zu erwartende Produktivitätsgewinn auch den Beschäftigten zugutekommt.